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Der #1 Grund Für Die Angst Vor Gefühlen

Oft wird das Fühlen von unangenehmen Gefühlen als Bedrohung wahrgenommen. Wir gehen emotional schwierigen Situationen aus dem Weg und blockieren uns selbst. Warum ist das so?


Viele Menschen versuchen Ihre Gefühlswelt so stark wie möglich unter Kontrolle zu halten. Gefühlt werden darf nur das, was wir wollen und auch bitte nur dann, wann wir es wollen. So gehen wir einer bestimmten Freizeitaktivität nach, die uns Freude und Lebendigkeit bringen soll. Wir suchen eine erfüllende Beziehung, von der wir uns Geborgenheit, Ausgleich und Geliebt-Werden erhoffen. In unserem Job wollen wir Anerkennung und Bestätigung erleben. Auf der anderen Seite gehen wir Situationen aus dem Weg, die Gefühle auslösen könnten, mit denen wir etwas Unangenehmes oder Beängstigendes verbinden. Dabei ist es von Mensch zu Mensch unterschiedlich, welche Gefühle sie als unangenehm oder furchterregend wahrnehmen. Nicht nur Einsamkeit, Ohnmacht, Wut oder Trauer werden als solche eingestuft, auch Liebe wirkt für einige Menschen beängstigend. Es ist auch möglich, dass wir Angst vor den Emotionen eines Mitmenschen haben, weil sie wiederum unerwünschte Gefühle bei uns auslösen könnten. Die Folgen sind vielfältig und reichen von Ablenkung über Konsum bis hin zu Isolation. Das heißt, die Angst vor Gefühlen treibt uns zu destruktiven Verhaltensmustern, die dafür sorgen, dass wir weder uns noch unsere Mitmenschen liebevoll behandeln. Unser einziges Ziel ist vorerst Abstand zu Situationen mit potentiell "gefährlichen" Gefühlen zu nehmen. Wir fühlen uns dann besser, weil wir uns sicherer fühlen.


Was geschieht dabei in unserem Körper?

Sicherlich haben die meisten Menschen schon einmal bemerkt, dass sie in Situationen, in denen sie intensive Emotionen fühlen, auch körperlich reagieren. Je nach Art und Ausmaß des Gefühls können Verdauungsbeschwerden, Kopfschmerzen, Herzrasen, Hitzewellen, Unruhe ausgelöst werden. Wir fühlen also mit unserem ganzen Körper. Und so ist es auch bei der Angst. Bahnt sich intensive Angst an - in dem Fall vor der Situation mit den intensiven Gefühlen - wird all unsere Energie für die Alarmbereitschaft des Körpers gebündelt. Wir bereiten uns dann für eine der drei Optionen des menschlichen Überlebensinstinkts vor: FIGHT, FLIGHT or FREEZE. Auf Deutsch: Wir fliehen, erstarren oder greifen an. Wir fliehen, indem wir das Thema wechseln, tatsächlich den Ort verlassen oder uns ablenken von einer eigentlich wichtigen Aufgabe. Wir erstarren, indem wir unfähig sind zu handeln oder zu reagieren. Der Atem wird flacher, möglicherweise halten wir ihn sogar an. Angriff äußert sich in verletzenden Worten, Abweisung und Handlungen, die den Gegenüber von uns weisen oder die zu erledigende Aufgabe unmöglich machen. Manchmal greifen wir uns selbst an, mittels harter Selbstkritik oder übermäßigen Konsums. Wir sabotieren uns mit dem Ziel, ein bestimmtes Gefühl nicht fühlen zu müssen. Oftmals ist das gar nicht so klar erkennbar und häufig denken wir die Anderen oder die Umstände seien schuld, sie müssten sich anders verhalten oder es wäre schwierig, unmöglich und unzumutbar.

Das bedeutet, wir spüren Emotionen mit dem ganzen Körper. Wollen wir bestimmte Unannehmlichkeiten nicht fühlen, beginnen wir also im ersten Schritt die Verbindung zu ihm zu trennen und ihn so wenig wie möglich zu spüren. Die Angst ist viel zu groß, die Emotion könne uns sonst körperlich einnehmen und zerstören.

 

Wenn wir überfordert von unseren Gefühlen sind, versuchen wir uns von ihnen zu

distanzieren und kappen die Verbindung zu unserem Körper.

 

Dadurch wird auch die Kommunikation zwischen unserem denkenden, wahrnehmenden Geist und unserem intuitiv handelnden Körper getrennt. Es ist dann unmöglich in Verbindung mit uns selbst zu bleiben und entsprechend der eigenen Authentizität zu agieren. Wir blockieren uns also nicht nur emotional, sondern auch auf körperlicher Ebene. Folglich verhalten wir uns entgegen unseres wahren inneren Selbst. Wir entscheiden aus der Angst heraus mit dem Ziel höchstmöglicher Sicherheit, statt aus Liebe, strebend nach dem höchstmöglichen Glück. Im Nachhinein macht uns das unglücklich. Wir sind selten zufrieden mit uns, wenn wir bemerken, dass wir unangenehmen Situationen aus dem Weg gehen, Liebe nicht zulassen können oder unsere wahren Emotionen verbergen.


Woran liegt es, dass wir Angst vor Gefühlen haben?

Für Kinder ist die Aufmerksamkeit, Liebe, Anwesenheit und Zuwendung ihrer Bezugspersonen lebensnotwendig. Sie sind nicht im Stande eigenständig zu überleben und wissen das instinktiv auch. Dauerhaftes Verlassen-Werden oder Nicht-Gesehen-Werden bedeutete für uns als Kinder die Gefahr zu sterben, wenn sich niemand um uns kümmert und uns versorgt. Einige Menschen haben in ihrer Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, ihnen fehlte die Sicherheit, Zuwendung und Liebe zu bekommen oder sie fürchteten stets die Abwesenheit ihrer Bezugsperson. Sie lebten in einem ständigen Mangel und ständiger Angst ihre Existenz zu verlieren. Damit gingen schier unaushaltbare Emotionen einher: Ohnmacht, weil wir plötzlich verlassen werden, Angst etwas falsch zu machen und bestraft zu werden, Schuldgefühle, weil wir ein negatives Ereignis nicht beeinflussen konnten oder Selbstzweifel, weil niemand unsere Bedürfnisse berücksichtigt. Aus diesen intensiven Erfahrungen heraus, haben wir uns Anpassungsstrategien angeeignet, um diese nicht erneut zu erleben und das dazugehörige Gefühl zu vermeiden. Denn es fühlte sich damals so an, als hätten wir diese Gefühle nicht aushalten können. Und so war es auch. Der Umgang mit Emotionen ist nicht angeboren, wir müssen als Kinder erst lernen, wie wir ihnen begegnen. Durch liebevolle Begleitung der Bezugspersonen und durch Erfahrungen, die wir mit unseren Emotionen in einer geschützten Atmosphäre erleben, ist es möglich bereits als Kinder Emotionen in uns zu integrieren. Das ließe dann ein Vertrauen in uns wachsen, mit jedweden Situationen und den dazugehörigen Emotionen umgehen zu können. Dieses Vertrauen umfasst sowohl unseren Geist, der rational im Stande ist eine Situation realistisch einzuschätzen, als auch unseren Körper, dem wir vertrauen, dass er die Gefühle aushalten kann. Fehlt unseren Bezugspersonen allerdings die Fähigkeit, uns beruhigend zur Seite zu stehen, wenn wir Angst haben, uns zu sehen, wenn wir wütend sind und uns zu trösten, wenn wir traurig sind und die Emotionen damit abfließen zu lassen, bleiben diese übermächtig erscheinend im Körper des Kindes stecken. Auch traumatische Erlebnisse führen zu festsitzenden Emotionen, die im Körper abgespeichert bleiben. Demnach tragen wir die kindliche Angst mit in das Erwachsenenalter hinein, Emotionen nicht aushalten zu können. Uns fehlt das Vertrauen in uns und vor allem in unseren Körper. Gegenwärtige Situationen, die den existenziell bedrohlichen Gegebenheiten aus der Kindheit ähneln, lösen in uns dieselbe emotionale Intensität aus wie sie damals für uns wahrnehmbar war.


 

Das bedeutet, eigentlich haben wir keine Angst vor der Situation, sondern davor, dass sie ein Gefühl auslöst, das wir damals nicht aushalten konnten.

 

Gehen wir derartigen Situationen weiter aus dem Weg, werden die verdrängten Emotionen, die wir nicht fühlen wollen, als Energie im Körper und im Unterbewusstsein trotzdem gespeichert und suchen sich einen stetig deutlicher werdenden Weg zu uns. Die emotionalen Blockaden werden dann zu körperlichen und schwächen das Immunsystem. Die Folgen sind Verdauungsprobleme, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen oder häufige Krankheit. Auch für unsere mentale Gesundheit haben festsitzende Emotionen schädlichen Einfluss. Sie wirken unbewusst weiter und leiten uns immer wieder zu unerwünschten Verhaltensweisen, ohne dass wir dies aktiv steuern können. Das kann uns aus unserem emotionalen Gleichgewicht bringen und dazu führen, dass wir uns destruktiv gegenüber Anderen und uns selbst verhalten.


Wie gehen wir mit alten Erfahrungen und festsitzenden Emotionen um?

Eine kleine Übung - Schritt für Schritt zu mehr Vertrauen


Bevor wir alte emotionale Blockaden lösen und uns ein den Emotionen zugewandtes, wohlwollendes Verhalten aneignen können, dürfen wir zunächst dem Element unseres Seins vertrauen, in dem sie stattfinden: unserem Körper. Lernen wir ihn als einen Anteil von uns kennen, der es gut mit uns meint, stärkt es das Vertrauen in ihn. Das ist die Grundlage jedes weiteren Schrittes zur Lösung emotionaler Blockaden und gesunden Integration. Unser Gehirn liebt logische, greifbare Zusammenhänge. Also können wir uns als kleine Übung eine Metapher vornehmen, in der unser Körper ein stabiles Gefäß ist und unsere Emotionen Wetterlagen sind.

 

Wir können uns unseren Körper als stabiles Gefäß vorstellen, in dem verschiedene Wetterlagen stattfinden.

 

Stellen wir uns unseren Körper als stabiles Gefäß vor. An dem einen Tag weht eine kühle Brise durch das Gefäß, an dem anderen wirbelt ein ganzer Sturm in ihm und an einem wieder anderen Tag scheint wärmend die Sonne. Möglicherweise regnet es eines Tages. Es regnet so übergreifend, dass es nicht nur innerhalb des Gefäßes stattfindet, sondern auch die Umgebung betroffen zu sein scheint und es wirkt als wäre die ganze Welt grau und dunkel. Welches Wetter und welche Intensität auch immer - Das Gefäß selbst bleibt von all dem immer unbeschädigt. Es wird nicht selbst zum Sturm und zerbricht nicht unter den schweren Regenwolken. Es bleibt ruhiger Beobachter des Wetters. Wenn wir lernen unserem Körper zu vertrauen, dass er uns nichts erleben lassen würde, was uns schadet oder wir nicht aushalten könnten, können wir uns Stück für Stück öffnen. Wir machen die Erfahrung, dass es sich sehr heilsam anfühlen kann, Emotionen als urteilsfreier Beobachter zu erlauben und ziehen zu lassen. Dass es sich positiv auf unsere körperliche Verfassung auswirkt und wir mit einer selbstsicheren Ausstrahlung nach außen treten, wenn wir Emotionen und Gefühle integrieren. Je offener und mitfühlender wir uns selbst gegenüber begegnen können, desto besser gelingt es uns Anderen gegenüber und desto offener treten sie wiederum uns entgegen. Dadurch verändern sich auch unsere Reaktionsmuster und Verhaltensweisen. Wir gewinnen an emotionaler Balance und integrieren eine wichtige Ressource in uns selbst - die Energie unserer Emotionen.


Also versuchen wir diese kleine Imaginations-Übung doch vielleicht beim nächsten Mal, wenn sich ein vermeintliches Emotions-Unwetter ankündigt.


Was wir als Kinder nicht konnten und sich übermächtig anfühlte, können wir als Erwachsene lernen und nachträglich heilen.


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